Chronik über die Ereignisse im Herbst 1805:
Auf der Grundlage des Tagebuches von Pfarrer Amand
Storr aus dem Jahre 1805 berichtet und ergänzt Ulrich Muhr mit zusätzlichen
Hinweisen das Geschehen um die Schlacht bei Elchingen. Napoleons Truppen zogen
damals auch durch das heutige Gebiet von Illerkirchberg.
Vorbemerkung:
Unter- und Oberkirchberg im Jahre 1805:
Die alte Ordnung besteht noch: Oberkirchberg mit
dem Schloß gehört zur Grafschaft Kirchberg. Das Schloß glänzt noch recht neu
von dem Hügel herunter.
Unterkirchberg gehört zum größten Teil zum Kloster
Wiblingen. Hier ist das Pfarrhaus auch noch neu und modern. Die Iller ist noch
unbegradigt, die alte Brücke (etwas unterhalb des Unterkirchberger
Sportplatzes) existiert noch und wird fleißig benutzt. Auf dem Galgenacker, es
ist die kleine Wiese, wenn man von der Unterkirchberger Kirche Richtung
Oberkirchberg geht, wo eine Bank steht und es dann runtergeht zu
Wasserpumpstation, thront noch der Galgen.
Die Pfarrei selbst war eine der größten in der
Umgebung. Unterkirchberg, Oberkirchberg, Unterweiler, Mussingen, Buch,
Beutelreusch und Freudenegg gehörten dazu.
Der Pfarrer betreut auch die ganzen, zum Kloster
gehörenden Äcker, auf der Unterkirchberger Gemarkung und ist dadurch einer der
größten Bauernhöfe.
Als Pfarrer residiert, wie schon seit langer Zeit,
ein ehemals zur Führung des Klosters Wiblingen gehörender Mönch. Zu dieser Zeit
ist es Amand Storr. Er wird am 16. Oktober 1805 zweiundsechzig Jahre und ist
schon etliche Jahre Pfarrer. Pfarrer Storr schrieb die Begebenheiten damals auf
und hinterließ uns so einen kleinen Einblick in die Geschehnisse.
Ihm zur Seite standen damals mehrere Vikare. Einen
davon möchte ich noch erwähnen: Pater Michael Braig. Er hinterließ ein
komplettes Häuser und Einwohnerverzeichnis sowie eine gezeichnete Karte der
Pfarrei. M. Braig blieb ebenfalls bis 1817 in der Unterkirchberger Pfarrei und
wurde dann Pfarrer in Illerrieden, wo man in der alten Kirche noch eine
Gedenkplatte an ihn finden kann.
Die (Haupt)Straße führte noch über die alte Steige
oder über den Kirchenberg nach Oberkirchberg. Die Gasthäuser sind bereits die
alten: Das Gasthaus Rad an der Straße von Wiblingen her und das Gasthaus
Schwarzer Adler, das damals allerdings noch oben auf dem Kirchenberg stand.
Ich habe die Tagebucheinträge so weit wie möglich
unverändert übernommen. Nur ein paar Kommentare vorweg gesetzt, damit weniger
Geschichtsbewanderte ein wenig über die Geschehnisse in der Umgebung bescheid
wissen:
Nach
kurzer Zeit des Friedens greift Napoleon im Jahre
1805 wieder Österreich an. Dessen Armee ist durch
das mit Napoleon verbündetete Bayern inzwischen bis über die Iller
vorgerückt. Die bayerischen Truppen hatten sich zuvor nach Würzburg
zurückgezogen, so daß Ulm nun eine österreichische Besatzung
hatte. Der hiesige Pfarrer verfolgte die Geschehnisse anhand von
Zeitungsmeldungen sehr genau, wie seine Zitate in seinem Tagebuch beweisen.
Hatte er doch kaum 5 Jahre vorher schwere Misshandlungen von den französischen
Truppen erdulden müssen.
20. September
Hier passierten die 12. Stunde mittags einige
Bataillone von Erzherzog Rainerischen Infanterieregiment über die Brücke , um
nach Laupheim auf den Abend zu kommen. Sie gingen von Burgau aus; waren aber
hier schon so ermüdet, daß sie vor der Brücke zu Fredenegg, dann wieder vor dem
hiesigen Dorfe auswärts sich legten und ausruhen mußten. Von Wiblingen hat man
ihnen 2 Fass Bier und etwas Brod zugeschickt: und zu mir sind zum Speisen
gekommen: 1. Major Schwall 2. Hauptmann Lichtenstein 3. Oberlt. Beck 4.
Oberlt. Franz. 5. Leutnant Hofbaur Chirurg Weber samt 8 Domestiquen, noch für 2
andere Offiziere, die bey der Truppe zurückblieben mußte vom Pfarrhof Essen und
Trinken zugetragen werden. Summa 18 Personen. Reudneg kam von Wiblingen herauf,
und liss auch einige Maas Wein hieher bringen.
24. September
Von Berlin kommt in öffentlichen Zeitungen die
Nachricht vor: Unsere Monarchie hat plötzlich ein sehr kriegerisches Aussehen
bekommen. Das ganze preußische Heer muss sich zum Ausmarsch gefaßt halten, nur
die Depotbataillons bleiben zur Besatzung der Festungen und den nöthigen
Garnisonsdiensten zurück.
25. September
An diesem Tage war das K.K. Hauptquartier in
Landsberg, wo auch Seine K.K. Majestät sich befanden.
So wurden auch heut aus den kirchberger
Herrschaften 92, aus der Wiblinger Herrschaft 62 Personen auf 4 Tage zum
Schanzen nach Ulm abgegeben.
Dies war aber auch der Tag, an welchem die
französische Rheinarmee, der Anzeige nach 200 000 Mann stark, anfieng über den
Rhein zu gehen. Eine Kolonne dieser Armee zieht sich über Offenburg durch das
Kinzinger Thal gegen Hornberg hinan; eine andere nimmt den Weg über die
Oppenauer Staig, gegen Freudenstadt; eine dritte marschiert auf der grossen
Rheinstraße gegen Rastatt. mit dieser vereinigt sich die Kolonne, welche bei Au
unweit Steinmauren herüber kommt.
27. September
Kaiser Napoleon der französische speist zu Rastatt
mit Marschall Lannes seinem Schwager.
Der französische General Bernadotte, und der
Divisionsgeneral Berthier mit dem Generalstabe des ganzen bernadotischen Korps
und am 30. ist die Division des General Ney in der Gegend von Stuttgart
angekommen. An mehreren Orten in Schwaben sind auch bereits die
österreichischen und französischen Vorposten zusammengetroffen, ohne daß sie
aufeinander feuerten, weil beyde Theile noch nicht den Befehl dazu zu haben
scheinen. Die Franzosen lassen alles Fuhrwerk, Postwagen und Güterwagen
ungestört passieren.
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In dieser Woche erreichte die Vorhut der französischen Armee
bereits Geislingen, während das Hauptquartier Marschall Ney's in Göppingen war.
Der Zustand der österreichischen Armee war schlecht. Es fehlte an
Zugtieren und die Führung ließ sich durch die französischen
Truppenbewegungen fehlleiten. Sie zog die Truppen an der Donau
zwischen Gögglingen und Leipheim zusammen, damit diese innerhalb kurzer
Zeit Ulm erreichen konnten.
Auch für unser Dorf werden nun Truppeneinquartierungen und
Durchmärsche vermeldet, und die Angst vor den näherrückenden
französischen Truppen wird größer.
Doch nun wieder aus dem Tagebuch des damaligen Pfarrers:
29. September
Nun marschieren ebenso stark die K.K. Truppen hin und her. So bekommt
auch Wiblingen heut eine Compagnie Fussvolk v. Erzherzog Maximilian welche hier
um die Mittagzeit über die hiesige
Brücke gieng. Sie ist bestimmt, Faschinen zum Festungsbau nach Ulm zu machen.
1.Oktober
Bei dem gemeinen Volk entsteht die allgemeine Sage,
daß die Franzosen nicht nur über den Rhein nach Deutschland gehen wollten,
sondern kaum 2 bis 3 Stunden mehr sogar von hier entfernt seyen. P. Placidus
geritten von Bilafingen, bringt als sichere Nachricht, daß die Franzosen in
Blaubeuren sich befänden.
2. Oktober
Immer noch die grossen und wachsenden Gerüchte von
naher Anwesenheit der Franzosen.
3. Oktober
Auf den Abend wird im Pfarrhofe ein Quartier
angesagt vom einem Hauptmann von Scherer von Fürst Reisblau (im vorigen Krige
hiess dieses Regiment Hohenlohe-Kirnberg.), 1 Feldwaibel, 2 Domestiquen, und 2
Pferde. Nach halb 5 Uhr abends kam der Herr Ofizier, der zwey Compagnien
anzuführen hatte, erhielt aber auf der Stelle neue Order nach verlauf einer
starken Stunde, wieder abzumarschieren, und noch diesen Abend en parade zu Ulm
einzumarschieren; welches auch nach dem geschwind eingenommenen Mittagsmahl
wirklich geschehen ist.
4.Oktober
Bei immer zunehmender Aussage der nächst bey Ulm
schon anwesenden Franzosen entfernt sich Reudneg zu Wiblingen und reißt
einstweilen nach Augspurg in Begleitschafft v. P. Franzisci.
An diesem Tage wird auch im Pfarrhofe Vorsorge
getroffen über einige in Sicherheit zu bringende Sachen.
5. Oktober
Heut kommen viele Wägen auf der Memminger Straßße
herab nach Ulm. Auch mehrere fahren hier über die Brücke nach Ulm, die von
Gögglingen und Donaustetten hieher gekommen sind. Man könnte -aus Erfahrung zu
sprechen- diese Erscheinung als anfangende Retirade betrachten.
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Während die österreichischen Truppen
noch immer den Angriff Napoleons an der Iller zwischen Ulm
und Memmingen erwarteten, waren dessen Truppen im Norden bereits bis
Donauwörth vorgestoßen und hatten dieses eingenommen. Auch Neuburg fiel am
7. Oktober.
In
unserem Ort konnte man das Näherrücken der Front an den
verstärkten Einquartierungen bemerken. Waren es bisher nur
Gerüchte, daß die Franzosen sehr nahe seien, so wurde es nun
Gewissheit. Waren es bisher auch nur Einquartierungen, so mußte nun
an die Truppen Hafer abgegeben werden. Da die Gemeinde nicht genügend
hatte, so mußte der Pfarrhof aushelfen.
Doch
lassen wir wieder
das Tagebuch des damaligen Pfarrers sprechen:
6. Oktober
Auf den Abend wird ein Ulanenquartier angesagt. Dan
ganzen Nachmittag gehen auf der Memminger Straße, noch stärker aber durch
hiesigen Ort ungemein viele Bagagewägen, mitunter einige Truppen. Und alles
sieht einer Retraite (Anm: Rückzug) gleich. Allein die allgemeine Sage geht,
daß der Feind auf der anderen Seite, am linken Donauufer schon bis Günzburg und
Dillingen streife und vorrücke. Um 9 Uhr rücken die Ulanen Schwarzenberg hier
ein, und in Pfarrhof wurden verlegt: 1 Obristlieutnant Giselesky, 1
Oberlieutnant Gr. Potocky, 8 Domestiquen, 17 Pferde, 3 Wägen, Quartier für 10
Personen und 17 Pferde.
Die Pferde vom Pfarrhof mußten ausquartiert, und im
Stadel aufbehalten werden. Den Bedienten mußten Betten in der Stube und im
Stalle gegeben werden. P. Michael u. P. Felix hatten ein Zimmer zusammen.
7. Oktober
In der Nacht um 1 Uhr wird ein neues Quartier zu
dem schon bestehenden im Pfarrhof angesagt: P. Michael u. P. Felix mußten ihr
Zimmer verlassen und zu mir sich begeben. Um 1/2 5 Uhr in der Frühe kam dann
von Erzherzog Franz Cuirahsiers 1 Obrichtwachtmeister von Bernritter (aus Wien
geb.), 1 Rittmeister von Sailer (dieser zum Speisen, in das Quartier zum
Schulmeister), 7 Domestiquen, 12 Pferde, 4 Wägen, also Quartier für 8 bis 9
Personen und 12 Pferde.
Diese Einquartierung enthielt im ganzen 2
Divisionen, wovon die zwey anderen Rittmeister, v. Ragoczy u. v. Schäfer im
Dorfe samt der Truppen u. Pferden einquartiert waren.
Es waren also diese Nacht und bis den anderen Tag
um 6 1/2 Uhr 18 Militärpersonen und 29 Militärpferde im Pfarrhofe, und diese
mußten alle verpflegt werden.
In der
Frühe nach eingenommenem Frühstück (Caffee) reißten die Hr. Ulanenoffiziere mit
den ihrigen ab und Ulm zu. Die von Erzherzog Franz Cuirahsiere blieben den
ganzen Tag und die folgende Nacht da; faßten mit ihren Leuten auf 4 Tage
Fourage, wobey ich dann auch der hiesigen Gemeinde mit 15 Mitlen Haber (Anm.: 1
Mitlen ca. 4,6 Liter also etwa 69 Liter) aushelfen mußte, welchen sie
zurückgeben oder bezahlen will. (Nach dem Ulmischen Intelligenzblatt v. 7.
Oktober 1805 ist der Haber taxiert das Immi 6 fl 56 x; 6 fl 8 x; 5 fl 20 x.)
(Anm.: 1 Immi = 4 Mitlen)
Am
9. Oktober 1805 zogen die ersten französischen Truppen
in Augsburg ein. Damit waren sie den in Ulm aufgestellten
Österreichern in den Rücken gekommen. Gleichzeitig rückte
Marschall Ney von Norden gegen Günzburg vor und nahm dieses nach
blutigen Gefechten ein.
Die Order
der Offiziere nach Großkissendorf zu kommen hing mit diesem Vorstoß der
französischen Truppen zusammen.
Ansonsten ist
die Lage im Ort unverändert. Niemand hatte genaue Informationen und die
Gerüchte laufen weiter. Wenn hier auch nur die Einquartierungen des Pfarrhofs
erwähnt werden, so kann man sich sicher vorstellen wie es im Dorf
selbst aussah. In den meist recht kleinen Höfen und Häusern mußten die
Einquartierungen und Verpflegungen noch schwerer fallen.
Doch
soll nun wieder das Tagebuch weiter erzählen:
8. Oktober
Morgens um 3 Uhr bekommen die Hr. Offiziere v.
Erzherzog Franz Cuirassiere Order, nach Grossküssendorf mit den ihrigen
abzugehen, welches nach 7 Uhr geschah. Der Stab lag in Aufheim, wo sich das
Regiment versammeln mußte.
Nachmittags in der ersten Stunde lagerte sich das
blankensteinische Husarenregiment vor dem hiesigen Dorfe. Es kam von Biberach,
und ward nach Erbach instradiert: und wartete noch auf eine Division, die
nachkommen sollte. Weil nun in den Wirtshäusern zum Rad und auf dem Berge
nichts zu haben war, so bekam ich den splendiden militairischen Besuch von Hr.
Obristlieutnant Sne. Durchl. Prinz Coburg, den Rittmeistern Graf St. Quentin,
Faba, Fürst Reiz, Graf Hadick, Bernolack, Bar. St. Keresti, Kransberg, der
Oberlieutnante Bar. Revay, Bayerle, Freydhoffer und der Unterltieutnante Bar.
Reiszky, Markus Jomogyi, Kerlat.
In der Eile ward für den Prinzen etwas Geflügel
gekocht und gebraten: Für die anderen Herren wurde eine Eierspeise in 3 grossen
Blatten aufgetragen. Dabei trank man 24 M. Wein und aß 9 Laib Brod, die hin und
her kommenden Unteroffiziere mit eingerechnet. Auch mußte eine besondere
Flasche Wein den zurückgebliebenen zugetragen werden. Um 5 Uhr gieng der Zug
dieses Regimentes über die hiesige Brücke nach Nersingen und Leiben.
9. Oktober
Auf den Abend wurden im Pfarrhofe einquartiert vom
Regiment Chevaux Legers: 1 Rittmeister Mariahsy (Ungarn), 1 Rittmeister Graf
Stärgh (Steuer), 7 Domestiquen und 12 Pferde.
Gehen ab den folgenden Tag nach genommenem
Frühstück, und müssen sogleich auf die Vorposten vor dem Frauenthor von Ulm.
Den ganzen Tag neblich und regnerisch.
10. Oktober
Zur Mittagszeit kommt ein Oberlieutnant vom
Regiment Fröhlich mit 5 Wägen Depot aus Mänteln, Monturen besthend, von Böhmen
zur Armee reisend hieher; hat auch zerschiedene Mannschaft 126 Mann bey sich.
Er kam von Ulm hieher geschickt, weil man in Ulm allmählig Dispositionen machte
um den Feind bey Albeck anzugreifen. Dieser Offizier übernachtete und gieng des
anderen Tages nach dem Mittagessen, mit seinem Depot nach Ulm. Der Tag war
meistens sehr neblich und regnerisch; folglich konnte auch nichts geschehen,
und von den Armeen vorgenommen werden. In der Frühe um 6 Uhr eine Bethstunde.
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Die
französischen Truppen kommen nun auch in unsere Region und es kommt zu den
ersten Gefechten bei Ay. Auch zwischen Jungingen und
Thalfingen kommt es zu schweren Gefechten, bei denen die
Franzosen schwere Verluste erlitten. Von diesen Gefecht hört man hier den
Kanonendonner.
Alles
versucht sein Hab und Gut in den Pfarrhof zu flüchten, aber dieser ist bereits
mit den Einquartierungen voll ausgelastet.
11. Oktober
In der Frühe um 6 Uhr eine Bethstunde. Die
Nachricht kommt an, daß die Franzosen Günzburg besetzt hätten und das ihre
Vorposten schon Weissenhorn zu giengen. Nun war die Bestürzung sehr gross und
man wußte sich kaum zu rathen. Man begriff es auch nicht, wie die Franzosen
Günzburg sollten besetzt haben, da sie Tags zuvor bey einem dreymaligen Versuch
über die Donau zu setzen, mit vielem Verlust wären abgetrieben worden.
Besonders sollen sich die Pfalzbayerischen Soldaten widersetzt haben, die sogar
kein Quartier angenommen hätten.
Indess fieng des ungestümen kalten Nordost, bald
wieder auch Westnordwindes ungeachtet, bey äusserst trübem und regnerischem
Wetter schon um 1 Uhr Nachmittag hinter Ulm auf den Bergen, die hefftigste
Canonade an, die auch von und um der Festung herum ist propagiert worden. Alles
zitterte vor Furcht und Angst, und es war nicht möglich vermöge des neblich und
regnerischen Wetters etwas in der Ferne zu unterscheiden.
In der Kirche ward von 2 bis 3 Uhr gebethet, das
Volk fand sich häufig ein, und bethete sehr eifrig.
Auf den Abend kein Quartier. Die Nacht war auch
ziemlich ruhig.
12. Oktober
Desto unruhiger der folgende Morgen, wo von dem
immer stärkeren Anwuchs der ankommenden französischen Armee allerorten mit
banger Sorge gesprochen ward. Man sah aber auch auf der Memminger Straße
Kaißerl. Fuhrwägen Ulm zu passieren. Indess wird die Nachricht immer
wahrscheinlicher, daß die Franzosen Weissenhorn ocupiert hätten. Ja um die
Mittagszeit wird das Quartier für Seine Durchlaucht den Prinzen Coburg mit 3
Offizieren zum Schlafen und zum Speisen angesagt. Es traf alles richtig ein.
Inzwischen wollten beynahe die meisten Leute vom hiesigen Ort ihre S. v.
Schweine, Vieh, und was sie noch von Effecten hatten, in den Pfarrhof flüchten.
Der Lärm war sehr groß, und ich kommte demselben nicht genugsam abhelfen. Das
Wetter war meistens regnerisch und auf den Abend gab es ein Vorpostengefecht
bey Ay, an welchem diese Herren mit ihrem Chef Antheil nahmen, und viele
Gefangene machten, u. auch zusammenhieben und überhaupt den Feind selten gut
bedient haben. Nachmittags schickte ich noch Eilends meine zwey Ochsen nach
Ulm, die der Metzger Gerst einstweilen zum Kauf an sich gebracht hat.
In der
Nacht kommt die Ordre, daß sich meine Quartiergäste des anderen Tages früh nach
Ulm begeben müßten. Es war dies das 7. Quartier aus 12 Offizieren und 8
Domestiquen, sowie 24 Pferden.
Im österreichischen Lager herrscht vollkommene Unsicherheit über die französischen Aktivitäten. Napoleon hatte die Entscheidung über den Verlauf der Dinge an sich gerissen. Er bestimmte den 14.10. als den Tag für die entscheidende Schlacht, die Schlacht bei Elchingen. Die österreichische Führung war dagegen der Meinung Napoleon habe die Hauptstreitmacht wieder nach Heidenheim zurückgezogen.
13. Oktober
Das auf den heutigen Sonntag gefallene Hl.
Reliquienfest, welches im vorigen Jahre sehr feierlich hier ist begangen
worden, konnte nun diesmal gar nicht gefeiert werden, so sehr war, bey dem
ohnehin noch starken Regenwetter, alles in bangster Furcht und Schrecken über
die Dinge, die da kommen würden. Man las nemlich in den neuesten Zeitungen,
unter anderem einen Artikel, der die enorme Anstrengungen des französischen
Kaißers Napoleon enthält.
Nun fielen aber auch schon auf der Alp bey Ulm
zwischen den Vorposten der Franzosen und der Österreicher so manche Plänkeleien
vor, bey welchen es Verwundete gab.
Hier im Orte aber ging es gleich nach dem Abzuge
der blankenstainer Husaren äußerst unruhig zu. Die Vorposten ritten häufig zu
und ab. Man wollte auch schon in der Frühe bemerket haben, daß österreichische
Kanoniers die Anhöhe auf dem Kirchberge besichtigt hätten, u. s. w. Dies war
das gewiseßte, daß zwey Kompagnien von
den Tyroler Feldjägern hieher gekommen sind, um bey der Brücke und auf den
dominierenden Anhöhen Posto zu fassen. Dem Herren Offizier mußte das Mittagmahl
im Pfarrhofe zubereitet werden. Eine von diesen Compagnien gieng nach
Oberkirchberg; dort, und hier ward sodann nachmittags die Brücke abgehoben; bey
der hiesigen wurden über dem Fluss von dreyen Jochen nicht nur die Bretter
weggeschafft , sondern auch die Jochbäume (Leg, Streichbäume) abgesägt. Von
einem vierten Joche nächst am Lande sind nur die Bretter aufgehoben worden.
Übrigens kamen die Scharfschützen von der hier
verbliebenen Compagnie Nachmittags alle in Pfarrhofe, lärmten wie Feindvolk,
begehrten zu Essen und zu Trinken, was ihnen nur einfiel, waren dabey äusserst
ungestüm und gewalttätig, tranken Wien, Bier im Überfluß was man ihnen geben
mußte, wenn man nicht Plünderungen erfahren wollte. Einige Pferde wurden im
Vorspann fortgeführt, wozu ich auch ein Pferd hergeben mußte, weil nirgendwo
eines aufzutreiben war. Es war eine tragende (gelbe) Stute.
Noch ist von den anderen Pferden des Pfarrhofes zu
melden: daß die zwey besten derselben (den Schaffelkinger Rappen, und den
Harthauser Hengsten, auch ein Rapp, dem Prinzen Coburg Obristlieut. bey
blankenstain Husaren, zu seinem eigenen Fuhrwesen, nebst einem kleinen
Leiterwagen, unter der Aufsicht des Mittelknechtes Joseph Schmid, auf
unbestimmte Zeit mitgegeben habe. Ein drittes Pferd (den Franzosen genannt, einen Rappen) verkauffte ich an eben
diesen Prinzen als Packpferd um 60 fl. Abends wurde noch meine Kutsche nach
Wiblingen abgeführt. In Wiblingen schien es, das man von der so grossen Gefahr
des Feindes nichts geahndet habe.
Nachmittag um 2 Uhr eine Bethstunde. Vormittags
wegen der fürchterlichen Unruhe keine Predigt, sondern um 6 Uhr die Frühmesse,
mit Kriegsgebethe, um 8 Uhr desgleichen. Unter derselben ward Lärme, das ein
Bürger v. hier J. Georg Helmer sich in Todesgefahr befände. Wie ich eilends zu
ihm kam, sagte man mir, daß er, da er bothenreis gehen mußte, von einem
Kaiserl. Reiter, deme er nicht geschwind genug vorspringen konnte, wäre
niedergeritten worden. Ich hörte ihn Beicht, gab ihm die heil. Ölung, und nach
der Pfarrmesse bekam er das PS. Viatim. Einige Tage darauf erholte er sich
wieder.
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Es war
dies der Tag der Schlacht bei Elchingen von der hier der Kanonendonner zu
hören war. Bei uns schlossen die französischen Truppen ihren
Belagerungsring um Ulm, so daß Mack’s Truppen dort eingeschlossen waren.
Hier im
Ort werden die ersten Feinde erwartet. Seelenruhig
verkünden drei
französische Infanteristen, daß am Abend
Einquartierungen zu erwarten seien. Kein Gefecht und kein Schuß
fällt. Unser Ort scheint noch gut davongekommen zu sein. Nun gilt
es vor allem
alles was Wert hatte, fortzuschaffen und zu
verstecken. Der hiesige Pfarrer hofft, daß einige
Dinge in Wiblingen sicherer seien als hier, und läßt sie dorthin schaffen.
Was die anderen Einwohner
taten, darüber schweigt sich sein Tagebuch leider aus.
14. Oktober
In der Frühe geschieht die Anzeige, daß zu
Oberkirchberg die Brücke hergestellt werde, bey welcher sich Franzosen in Menge
befänden. In größter Eile liess ich mein Reitpferd (den Braunen) auf Wiblingen
reüten; von da hat man denselben nach Ehingen geritten, um ihn an den
Klosterknecht Ramser anzuschliessen. Das nemliche geschah mit der gelben Stute,
sobald Sie einige Stunden darnach von dem gestrigen Vorspann zurückgekommen
war. Nach Wiblingen liess ich 36 Mitlen Gersten, die im Pfarrhofstadel sind
ausgedroschen worden Sicherheit halber abführen. Nun war alles in banger
Erwartung der nächst ankommenden Franzosen.
Um Mittagzeit kamen drey Französische
Infanteristen, und begehrten etwas zu essen: Sie verlangten auch ein
Mittagessen für einen Französischen General Du Bas, und einen Colonell Schyam.
Kaum das Sie es mit fortgenommen hatten fieng um 1 1/2 Uhr eine sehr starke
Kanonade in Ulm an, und dauerte bis fast 6 Uhr abends. Ich hielt mit meinen
Leuten im Hause eine Bethstunde. Nun schien alles ruhig zu seyn und niemand
dachte an etwas schlimmes.
Allein kurze Zeit darauf, nach 7 Uhr abends, wo
alles finster war, versammelten sich vor dem Pfarrhofthore in der allergrößten
Stille 4 Compagnien Fussvolkes vom 92. Regiment und rücktan sodann durch die
kleine noch nicht verschlossene Thür eben so stille in den Hof. Die Offiziere
mit dem Hr. Commandanten Regnault kamen die Stiege schnell herauf, wo ich sie
mit dem Lichte in der Hand empfieng; und es ward mir angekündigt, daß ich 400
Mann nebst den Hr. Offizieren das Quartier im Pfarrhofe zu geben hätte. Gesagt
u. gethan war eines. Man Quartierte sich selbst ein. Die Zimmer mußten alle
eröffnet werden und man visitierte sogleich das ganze Haus durch, erkundigte
sich um alle Zugänge. Nun ließ man die Truppen in das Haus eintreten, und sie
in dem unteren Hausgange zu 5 Mann hoch aufmarschieren, mich stellte man in die
Mitte des unteren Ganges mit dem brennenden Lichte in der Hand, und so durffte
ich mehr als eine halbe Stunde da stehen. Indess theilte man die Soldaten in
der Stube u. den Zimmern des oberen Ganges ein: Nach diesem liess man die
andere Mannschafft die Stiege heraufmarschieren, verlangte Stroh für den Gang
und die Zimmer und was nur an Brod, Bier und Branntwein im Pfarrhof u. dem
Dorfe, auch Fleisch aufzubringen war, mußte in der größten Geschwindigkeit
herbeygeschafft werden, nebst Kerzen und Öllichtern in grösster Menge. Sogleich
verrammelte man das grosse Pfarrhofthor, und die Thüren beim Kegelgraben, auch
bey dem oberen Ausgange im Garten. Für die Hr. Offiziere, 4 an der Zahl, und
ihre Bediente mußte ein Nachtessen zubereitet werden. Man aß, trank und war
lustig. Alle Öfen wurden rasend geheizt, und das Feuer auf dem Herde, wie in
der Waschküche mußte unaufhörlich so stark wie möglich unterhalten werden. Des
Begehrens von Speis und Trank, Geschirren, Lichter und Laternen, sowie Haber
und Stroh war kein Zihl und Maaß. Nachdem endlich in der zwölften Stunde
beyläufig die Ruhe so ziemlich hergestellet war, legten sich die gemeinen
Soldaten im Gange auf dem Heustock, im Saale, in der untern Stube, im
Pferdstalle, in der Waschküche und wo nur ein Winkel zu finden war, schlafen.
Hart an der Thüre meines Wohnzimmers, wohin P. Michael und ich wie Gefangene
eingeschlossen waren, legten sich die Soldaten hin, so begann die erste
Schreckensnacht, wie wir nicht wußten, wozu dies alles gemeint wäre, und was am
Ende mit uns und dem Pfarrhofe geschehen sollte. Freilich sagte Hr. Commandant
mehrmalen zu mir, ich sollte mir keineswegs fürchten, ich dürffte auch ohne
sein Vorwissen keinem Soldaten was mehreres geben oder reichen lassen als er
erlauben würde, u. s. w.. Den Hr. Offizieren mußte nebst den Bettern auch Heu
und Stroh in das Zimmer gebracht werden, worauf Leintücher gelegt worden.
Nachdem abgespeiset war, trank man Caffee, und man wollte auch Liqueuro haben.
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Nachdem er
die Schlacht bei Elchingen gewonnen hatte, versuchte Napoleon nun sofort
den Sturm auf Ulm, der jedoch nicht gelang.
Bei
uns waren nun die französischen Truppen die Herren und holten sich alles
was sie nur bekommen konnten. Da wir hier nur einen Einblick in die
Verhältnisse des Pfarrhofes bekommen, bleibt uns das Leid in vielen
anderen Häusern verborgen, doch dürfte es dort kaum besser gewesen sein, nur
gab es wohl nicht so viel zu holen.
Doch
hören wir hierzu unseren damaligen Pfarrer:
15. Oktober
Auf die erste Schreckensnacht folgte nun auch ein
ähnlicher Schreckenstag; weil man alle Winkel des Hauses vom Keller bis auf den
Fruchtboden durchsuchet hat, und alles im ganzen Hause von Franzosen
angepropfet voll war. Des Getöses, Lärmens, gewaltthätigen Begehrens war kein
Ende, vorzüglich in der Küche, wo bald keine Schüsseln, Häfen und anderes
Geräthe mehr vorhanden war; das Bier ward in grossen Wasserschiffer
ausgeleeret. Die Grundbirnen oder Erdäpfel in Wannen u. Kübeln fortgetragen:
die im Hausgange liegenden Krautsköpfe in Menge ebenso fortgeschleppt, Brod,
Bier, Branntwein ohne Unterlass gefordert, und getrunken, was nur zu haben war:
Nebst der Hausküche wurde nun auch die Waschküche ohne Unterlass gefeiert, um
da kochen zu können: aber das nemliche geschah auch bey den Einheizöffnungen
der Zimmeröfen, wo desswegen und weil die Soldaten, besonders jene, die von der
Wache kamen Sich trocknen wollten, ausserordentlich, und so stark, Tag und
Nacht ist gefeiert worden, daß die Öffen dabei grossen Schaden gelitten haben
und Thüren und Fenster mußten geöffnet werden. Nun der Vorrat von Speis und
Trank im Pfarrhofe bald zu Ende gehen mußte, und auch der hiesigen Gemeinde das
Liefern bereits schon zu schwer fallen wollte, so kam der Hr. Commandand
Regnault zu mir auf das Zimmer und sagte, daß da die hiesige ohnehin arme
Gemeinde schon sehr vieles geliefert hätten, so müßte ich nach Wiblingen
schreiben, und folgendes in seinem Nahmen verlangen.
2 Fass Bier für die Soldaten,400 Pfund Brod für die
nemlichen
1 Fass Wein für die Hr. Offiziere
Er müßte mir auch vermelden, daß man die Soldaten
gut halten solle, wenn man nichts unangenehmes von ihnen erfahren wollte.
Wegen dem erschrecklichen Getümmel und der noch
ungewissen Aussicht von dieser ausserordentlichen militairischen Belegung des
Pfarrhofes, getrauten wir uns beide (ich und P. Michael) nicht heut die heilige
Messe zu lesen, und es ward auch in dem Thurme kein Glockenzeichen den ganzen
Tag hindurch gegeben. Übrigens regnete es auch den ganzen Tag, die Weihung trat
dabei so sehr wie sonst niemal aus und ein französischer Husar hatte auch das
Unglück in der gefolgten Nacht hier im Orte samt seinem Pferde zu ersaufen. Die
Iller begann auch sehr anzuwachsen, Das des ungestümen Wetters ungeachtet war
von Mittag bis Abend eine ausserordentlich starke Kanonade bey Ulm. Von welchen
Erfolg konnte man hier nicht sagen. Nur sprachen die Franzosen, das Ulm gleich
den morgigen Tag werde gestürmt werden.
Am nemlichen Tage (heut den 15. Okt.) starb in
Oberkirchberg eine dahin gezogene Witwe, Juliana Gerhanin, die in Allmendingen
verheuratet gewesen ist; sie starb an den Folgen eines vor einigen Wochen
bekommenen Schlagflusses, und war frühzeitig mit den heil. Sacramenten
versehen, auch zum Tod durch mehrere Besuche vorbereitet, im Alter von 72
Jahren. Wegen den anwesenden Franzosen u. weil kain Fuhrwerk vorhanden war,
konnte der Leichnam des andern Tages nur bey Gelegenheit einer Lieferungsfuhre
hieher gebracht werden, und ist sodann auch von P. Michael in der Stille und
ohne Geläut begraben worden.
Die französische Armee hat einige
Vorposten der Stadtbefestigung erobern können. Die Kämpfe gehen vor allem um
die über der Stadt liegenden Berge weiter: Safran-, Kienles- und Michelsberg.
Aber immer noch hält sich die österreichische Armee.
16. Oktober
Schön Wetter den ganzen Tag. Schon in der Frühe
morgens 3 Uhr hörte man hier eine sehr starke beynahe eine halbe Minute lang
anhaltende Erschütterung von Seite, wie es mir geschienen hat, der Schanze auf
dem Michelsberg bey Ulm. In der Nacht vom 15. auf den 16. ertrank abermal ein
Franzos bey Buch. Man bewachte diese Gegend, und es gieng die Vermuthung, daß
es kein gemeiner Franzos müsse gewesen seyn. Wirklich die Weihung war noch ganz
ausserordentlich ausgelaufen, und auch die Iller trat allmählig aus ihrem Ufer.
Auf der Memminger Straße kam eine übergroße Menge Französischen Militairs,
meistens Reiterei, und Nachmittag ward wieder sehr stark abwärts der Donau
kanoniert bis auf den Abend. Man spricht von einem starken Verlust der
Franzosen.
Heut befragte ich mich beym Hr. Commandanten in
Betreff des Gottesdienstes, um so mehr, weil die gestern in Oberkirchberg
verstorbene Person sollte begraben werden, und erhielt die vollkommene Zusage
des freyen ungestörten Gottesdienstes und aller pfärrlichen Functionen, wie sie
immer Namen haben, und sonst pflegen gehalten zu werden. Ich liess also
sogleich zur Messe leiten, und las sodann nach einer zuvor an die Pfarrkinder
gemachten, den Zeitumständen angemessene Ermahnung; nach der heil. Messe
bethete ich die Litanei von der Ergebung in den göttlichen Willen, dann des unter
deinem Schutz, und beschloß mit dem: Heilig, Heilig. Dieser Tag war mein 62.
Geburtstag. Nach mir lass P. Michael die heil. Messe.
Vormittags kam Hr Commandant zu mir, und sagte, daß
er die Soldaten, welche bis jetzt auf dem oberen Gange bis zur Thüre meines
Zimmers der Nachts gelegen und geschlafen haben in die Zehendstadelscheuer,
auch in die Wagenschöpfe verweisen werde; und so wollte er auch den
Bibliotheksaal von den Soldaten verlassen wissen. Ich mußte aber zuerst
nachsehen, ob keine Bücher mangelten; und da ich ausser der Unordnung in den
Büchergestellen nichts bemerken konnte, ward mir der Schlüssel zu diesem Zimmer
abgefordert, daß für die Zukunft der Wein und Bierkeller, auch Brod und
Fleischkammer für die Einquartierten hat werden müssen. Auch ward der
sogenannte Hasenstall, nun wieder wie anno 1800 zur Prison bestimmt (Anm.:
Prison = Gefängnis), und schon Vormittag dazu eingeweiht.
Am Abend werden Leitern abgefordert, zu vorgebl.
Bestürmung Ulms, die am folgenden Tage vorgehen sollte. Eigentlich sondirte man
hinten bey der Mauer nächst dem Hasenstall, wie tief es in die Halden hinunter
zu steigen wäre. Desswegen legte man die dazu gebrauchte Leiter nächst an die
Mauer auf den Boden nieder.
An diesem Tage nimmt General Mack
die Kapitulation Ulms an.
17. Oktober
In der Frühe die Andacht, wie gestern.
Um 9 Uhr kam Hr. Commandant auf mein Zimmer, um
eine neue Requisition nach Wiblingen mir in die Feder zu dictieren, die also
lautete:
2 Fass Bier a' 120 Maas für die Soldaten
450 # Brod für die nemlichen
50 # Brod für die Offiziere
50 Maas Wein für dieselben
Zu Wiblingen wollte man sich zu derlei Kirchberger
Requisitionen nicht verstehen, wie des mehreren auch der Beylage zu ersehen
ist. Indess ritt Hr. Commandant selbst am Nachmittag nach Wiblingen. Die
Requisition folgte aber nicht vollständig: so kamen statt 50 etwa 32 bis 36
Maas Wein.
Heut geschah den ganzen Tag kein Kanonenschuss, ob
es gleich heiter Wetter gewesen war. Man sagt die Österreicher hätten sich ganz
in die Stadt zurück ziehen müssen, und die Übergabe d. Stadt werde in ein Paar
Tagen unfehlbar erfolgen. Auf den Abend eine Taufe von Buch.
Das Tagebuch geht noch weiter und die
Einquartierungen bleiben noch einige Zeit bestehen. Aber belassen wir es mal
mit diesem Einblick in die unruhigen Tage um die Schlacht von Oberelchingen.
Die Brücke in Unterkirchberg wird anno 1808 so
beschädigt, dass sie nicht mehr wieder aufgebaut wird.
Pfarrer Storr bleibt hier Pfarrer bis zu seinem
Tode 1817. Ab diesem Jahr wird die Pfarrei dann aufgeteilt. Seinem Nachfolger
war sie zu groß. Ab 1818 gehörte nur Ober- und Unterkirchberg mit ihren
Teilorten dazu. Unterweiler wurde an Wiblingen abgegeben und Freudenegg wurde
wenige Jahre später abgetragen. Das heutige Freudenegg liegt ein paar hundert
Meter weiter südlich und entstand erst wieder in der 2. Hälfte des 19.
Jahrhunderts.
Den Rest, den ich noch abgeschrieben
habe, lasse ich mal unkommentiert
stehen ich denke nicht, dass es weiter interessant ist. Aber vielleicht
interessiert sie es ja. Geschichtlich militärisch ist es bei uns in der Gegend
gelaufen und es kehrt eine gewisse Routine zurück, wenn auch unter
Kriegszeichen:
18. Oktober
Wieder ein schöner und von Canonade
ganz freier Tag. Allein itzt sah man die Franzosen sehr deutlich in grosser Menge
auf dem Küheberge nächst Ulm versammelt, und es wollte verlauten, daß die Stadt
bereits schon wäre übergeben worden.
Auf den Abend speisen bey den gewöhnl.
14 Offizieren noch 5 Fremde, und es gieng sehr freudig bey ihnen zu. Unter
diesen Freuden kommt die traurige Erscheinung zu Stande, welche man längst
schon furchtsam geahndet hatte. Nemlich auf dem Fredenegger Hof kam beyläufig
um drey viertel auf 7 Uhr abends Feuer aus. Nach einem zuvor bemerkten großen
Geschrey sah P. Michael zu Fenster hinaus, und erblickte den Mordbrenner, wie
dieser wirklich mit einem Lichte aus der Laterne den Schopf der am Stadel
angebauet war, und worin sich Hanf befand, dreymal nach einander anzuzünden
sich Mühe gab; das Drittemal loderte die hohe Flamme auf, und in wenigen
Minuten bemerkte man schon Feuer im Stadel, daß ungehindert überhand nahm, wiel
niemand zu löschen Anstalt gemacht hat, noch auch hat machen können. Von dieser
Seite war die Brücke noch abgetragen. Bey dem vollen Brande der Stadels dann
der angebauten und unter einem Dach befindlichen Stallungen, hat man in einiger
Entfernung von der Brandstätte beyläufig bis 40 Leute stehen gesehen, die dem
Brand zugesehen haben. In Zeit von 1 1/2 Stunde stürzten Stadel u. Stallmauern
zusammen, und es war ein sehr grässliches Feuer, daß aus einer Menge von Heu,
Aumad und Fruchtgarben nothwendig hat entstehen müssen. Nicht nur die ganze
Nacht, sondern auch den folgenden Tag (Samstag) dauerte der lichte Brand, ja
selbst noch am Sonntag bis auf den Abend glosch und loderte noch die brennende
Flamme, und dennoch blieb das alte baufällige Wohnhaus daneben unversehrt
stehen!!
An diesem Tage wurde auf dem
Friehofberge der am 18. d. M. hier in der Weihung unglückl. weise ertrunkene u.
gestern gefundene französische Husar ohne alle kirchliche oder militairische
Zeremonie nachdem er von Morgen bis Nachmittag in Stroh eingewunden nächst dem
gemachten Grabe gelegen hatte von dem Todgräber dahier eingescharrt.
An diesem Tage sind auch 2 Kinder,
Franz Xaver Rapp von Oberkirchberg und M. Theresia Spleissin von Unterkirchberg
getaufet worden.
19. Oktober
Der Gottesdienst wie in den
vorhergehenden Tagen. Es werden
zerschiedene Anstalten getroffen, bey der Truppe, die im Pfarrhofe einquartiert
ist, aus welchen man so ziemlich zuverlässig schliessen kann, daß ihr Aufbruch
nahe seyn dürffte. Nachmittag werden die Soldaten an 4 Plätzen, Compagnien
weise gestellet, sie müssen ihre Danister (Anm.: Tornister) vor sich hinlegen,
ihr Reisszeug und was sie darin haben wird visitiert, und aufgeschrieben.
Darauf wird ihnen auch einer jeder Compagnie insbesondere von ihren Hr.
Ofizieren schriftlich was vorgelesen, vorzüglich der Aufruf ihres Kaisers
Napoleon Bonaparte in Betreff des angefangenen Krieges und der besher glücklich
gemachten Progressen. Nach diesem wird für die Hr. Offiziere das feinste
Papier, das ich nur geben könnte gefordert, um darauf an den Kaiser schreiben
zu können.
Auf den Abend wird laut gesprochen, das
Morgen die Kaiserlichen die Stadt Ulm räumen und sich als Kriegsgefangene
ergeben müßten.
Indess wird in größter Eile an der
Wiederherstellung der hiesigen Brücke von den Franzosen gearbeitet. Die Arbeit
wird in der Nacht fortgesetzt. Am Abend verlangt Hr. P. Pr. von Wiblingen eine
Sauvegarde vom hiesigen Hr. Commandanten: Er gibt einen Offizier dahin ab.
20. Oktober
Das Kirchweihfest. Um 6 Uhr las ich die
heil. Messe, und hielt zuvor eine kleine Anrede, und nach der Messe bat ich wie
gewöhnlich die Litanei von der Ergebung in den göttlichen Willen.
Um 8 Uhr bestieg ich die Kanzel und
predigte auch in beysein einiger Franzosen. Nach der Predigt sang P. Michael
das Hochamt. Bey derselben werde ich, bey der Communion, in Pfarrhof abgerufen,
wo ich alles in Bereitschafft zum Abmarsch antraf. Nach verlauf einiger
Minuten, nahm Hr. Commandant Abschied von mir, meldete aber zugleich, daß er
bis abends mit seiner ganzen Truppe wohl wieder eintreffen könnte. Gott lob! Es
geschah nicht.
Aber in der Nacht wollten einige
Chasseurs zum verrammelten Thor herein. Sie wurden abgewiesen von dem benachbarten
Bürgermeister (Jos. Zick) der sie gefragt hat ob sie zu dem Commandanten
verlangten, worauf sie dann abgetreten.
21. Oktober
Den ganzen Tag kommen immer 2, 3, 5 und
7 Franzosen, bald Fussgänger (sogenannte Büntelesbuben) bald Reiter an, und
fordern Essen, Trinken, Haber, Mehl. Auch von dem gestern abgegengenen Quartier
kommen 8 Musquetiere in Pfarrhof und kündigen der Gemeinde eine Lieferung von
12 Säcken Haber und 250 # Brod an. Die Musquetiere essen im Pfarrhof und so
auch der Hr. Offizier der auf dem Mittag hieher von Wiblingn kam. Dem
abgegangenen Hr. Commandanten (Regnault) mußte ich ins Lager bey Ulm 2 Hennen,
Weiss Brod und Wein schicken. Nach seiner Aussage waren es 24 000 Österreicher,
die gestrigen Tage aus der Stadt ziehen und in gegenwart des französischen
Kaisers Napoleon Bonaparte das Gewehr strecken mußten. Mack der österreichische
Commandant soll von Napoleon sehr verächtlich behandelt worden seyn.
22. Oktober
Hier im Orte und so auch im Pfarrhofe
ist heut einer der ruhigsten Tage. Ausserdem, das hie und da einige Chasseurs
zu sprechen, die gerne Haber fassen und sonst mitnehmen wollten, was die durch
ungestümes Begehren bekommen können.
Unvermuthet kam auch d. Mittelknecht
vom Pfarrhof im Hause an, der sich aus Ulm wo die dem Prinzen Coburg zu
Vorspann geliehenen Pfarrhof-Pferde an einem sicheren Ort sich befinden,
heimlich herausgeschlichen hat. Er übernachtete, nahm Haber für die Pferde, für
sich Brod, Fleisch und Mehl mit und gieng den folgenden Tag in aller Frühe
wieder an Ort und Stelle. Schon Tags zuvor, d. i. am Montag auf den Abend,
erfuhr ich, daß Knecht, Wagen und Pferde bis itzt glücklich in Ulm wären
versoget worden. Benedictus deus!
Nun blieben mir auch seit gestern zwey
blessierte Franzosen im Hause zurück, die auf das Spital in Ulm den Antrag
gemachet haben, die aber nicht abgeholt werden, und so weiss Gott wie lange da
ihren Aufenthalt suchen werden. Zum Glück, daß sie sich ruhig betragen.
In Wiblingen, und so auch in
Oberkirchberg rückt ein französischer General ein, mit grosser Suite.
23. Oktober
In der verangenen Nacht, starb hier die
fromme Witwe in Balles Haus (Nr. 78) Anna Binderin, geb. Bremauerin von
Hüttenstetten, a. 1729 an einer Entkräfftung.
Auf den Abend kömt ein Depot von
Wagenknechten, Pferden, Reutern. (180 Pferde im hiesigen Orte in das Quartier;
4 Offiziere mit 10 Pf. hätten sollen in Pfarrhof kommen, sind aber /zur Zeit
noch/ nach Ulm abgegangen.
Zu Wiblingen werden von den
fraanzösischen General unerschwingliche Requisitionen gemacht.
In der Kirche allhier ward der
Hackerische Jahrtag gehalten.
24. Oktober
P. Hartmannus kömt heut vormittag von
Bilefingen hieher. Ihn begleiten P. Michael u. Rel. Fr. Felix (Roth
Salemitanus ) der hier als Schreiner
die 2 neuen Seitenaltäre verfertigt, nach Wiblingen. Das Begräbnis von Anna
Binderin v. hier.
Die Brücke muss hier von der Gemeinde
besser hergestellet werden.
25. Oktober
In der Kirche der aschmännische
Jahrtag, und zum heil. Kreuz küssen kamen nach der Messe 64 Personen.
Durch den Öschay werden 4 Mann u 8
Pferde ins Quartier für den Pfarrhof angesagt: Sie treffen richtig um 1 Uhr
ein. Man spricht auch von Alarmstangen, die hier sollen aufgerichtet werden.
Die Die benannten Leute vom Trainewesen, betragen sich beym Einzug sehr
gewalttätig, forderten essen und trinken, das man nicht sogleich geben konnte
mit blanken Säbeln. Kaum eine halbe Stunde nach ihrer Ankunft, erscheinen vom
27. Infanterieregiment erster Compagnie ein Capitain, ein Lieutnant, ein Major,
und 3 Commandierten, die auch das Quartier im Pfarrhofe nehmen. Sie sind mit
ihrer unterhabenden Mannschafft, die soviel man itzt weiss auf 3 starken
Piqueteren ausgestellet wird, zu Bewachung der hiesigen Brücke beordert. Zum
Nachtspeisen kam noch ein Offizier, in allem waren es also: 4 Offiziere, 3
Bediente, 4 Wagenknechte; Summa 11 Personen des Nachts, 12 zu Mittag.
Heut und gestern sind die nothwendigen
Reparaturen an Fenstern und Öfen, die beym letzten grossen Quartier sehr
gelitten haben, gemachet worden.
Auch sind heut für die hiesige Gemeinde
30 Mitlen Haber aus dem Zehendstadel abgegeben worden, auf Rechnung nemlich,
und zum Ersatz. Eben so sind auch 8 Mitlen Vesen hergegeben worden.
Die Alarmstangen wurden wirklich
aufgerichtet. Eine darvon kam auf die Spitze der niederen Burg zu stehen, eine
andere soll beym Fällthore seyn.
Jede Alarmstange ist eine lange Stange,
so wie die Wagener haben unten mit vielem Stroh auf 3 Schuh hoh umgeben, dann
kommen Reissbuschenlen, nach diesen wieder ein starker Umband von Stroh, auf 4
bis 5 Schuh hoch, sofort wieder Reisbuscheln mit Stroh durchflochten, bis zur
Spitze der Stange.
26. Oktober
Die Andacht in der Kirche bey der
Pfarrmesse, wie vor.
Zu Mittag 5 Offiziere, 3 Gemeine, 4
Wagenknechte: 12 Personen
Nach Tisch den Offizieren Caffee,
Butter, Obst, Branntwein.
Nachmittag um 2 Uhr müssen die
Wagenknechte eilends aufbrechen. Noch vor ihrem Abmarsch begehrten sie mit
Ungestüm Fleisch, Branntwein, Brodl
Um 4 Uhr wird ein neues Quartier für
einen Hr. Arillerieoffizier, zwey Bedienten und 6 Pferde angesagt. Um 5 Uhr
kamen die angesagten. Nur waren es 4 Pferde. Der Offizier, ein Lothringer,
zeigte sich als einen sehr braven Herrn. Er sprach auch mit mir, das Preussen
sich für Öesterreich erklärt hätte. Übrigens glaubte er, mehrere Tage
hierbleiben zu können. Am Nachttisch speisten 5 Offiziere, 5 Bediente, u.
Pferde waren auch 5 im Stalle. Um 1/2 9 Uhr abends kam der Kapitain von den
gestern einquartierten Offiziere, man mußte besonders zu speisen geben. Er war
sehr übel disponirt, und er folgte eine sehr unruhige Vornacht. Man mußte nun
den Caffee mit Branntwein in Menge herschaffen. Nach diesem mußte Thee gekocht
werden, der abermal mit Branntwein getrunken ward, darauf wieder Wein u. s. w.
Endlich nach 11 Uhr Nachts ward Ruhe.
27. Oktober
Um 6 Uhr früh lass ich die heil. Messe.
Gleich nach derselben befahl man zu kochen, weil eilends müßte abmarschiert
werden. Vielleicht das der gestern abends angehaltene Hr. Kapitain schn von
diesem Abmarsche gewußt hatte? Zuerst trank man zur Genüge Caffe, mit
Branntwein; dazwischen kamen andere Offiziere und Soldaten, und man repetirte
allzeit dies Frühstück. Itzt mußte ein Kopaun und Suppe aufgetragen werden,
darauf trank man Wein, die schon Anwesenden, und die noch dazu gekommenen. Der
gestern abends einquartierte Offizier war wieder der ordentlichste, und Er ritt
auch der Erste fort, etwa um 7 1/2 Uhr früh.
Um 8 Uhr predigte P. Michael und hielt
darauf das Amt. Ich blieb zu Haus, weil ich nicht wußte, was noch alles
geschehen könnte.
Nach dem vormittägigen Gottesdienst
schon um 10 1/2 Uhr gingen Truppen und Wägen über die hiesige Brücke. Auch
wurden 24 Stück Hornvieh hinüber geführt. Alles schlug den Weg auf der
Memminger Straße ein. Endlich um 11 Uhr beiläufig marschierten auch die noch
hier gebliebenen 2 Offiziere aus dem Hause, nachdem sie mit einigen Cogorten
zuvor noch zu Mittag gespeiset, Wein und Caffee mit Branntwein satt getrunken
hatten.
Schon Vormittag um 10 Uhr marschirten
über die hiesige Brücke bis 160 Trainpferde mit Fuhrknechten worunter auch
dieienig, welche im Pfarrhofe noch gestern und vorgestern gelegen hatten, sich
befanden. Der Zug gieng nach Gerlenhofen, vor welchem Orte ein Artellerie und
Munitionspark stand. Es kamen auch von Oberkirchberg her einige Züge solcher
Pferde. Nun sammelte sich auch Infanterie und Cavallerie dabey. Es ritt auch
ein Hr. General mit am französischen Hr. Offizier dazu und nachdem die Wägen
beisammet waren, gieng der Zug fort aufwärts auf der Memminger Straße. Diese
nemliche Route schlug auch das Fussvolk und die Reuterey ein, die von Ulm und
unten herauf auf der Memminger Stasse ankamen, und sich an den Mobil gemachten
Park anschlossen. Noch mehr französisches Volk zu einigen tausenden sammelten
sich zwischen dem Fredenegger Hof und dem Bildsäule an der Stasse, wozu immer
Gutschen, Wägen einige Cavallerie dazwischen Infanterie kamen, theils von
Wiblingen, theils von Donaustetten u. hiersorts, und über der Brücke von Ulm u.
anderen gegenden aufwärts ankamen. Um halb ein Uhr gieng der Zug auf der
Memminger Strasse fort, und dauerte bis 2 Uhr. Während das dieser Zug mobil
war, kamen über die hiesige Brücke, die Kanonen und Munitionswägen, und nach
denselben wieder militairische Bedeckung und alles schlug den nemlichen Weg
ein. Nach Bedeutung eines französischen Offiziers, gieng der größte Teil
Heimertingen zu. Bis gegen 2 Uhr Nachmittag war so ziemlich Ruhe auf der Brücke
und Straße.
Um 2 Uhr Nachmittag ward Vesper, wie
gewöhnlich gehalten. Alles gieng ruhig her. Gegen abend sah man aber Franzosen
zu 2, 3 und mehreren mit einander gehen, die hie und da um Nachtquartier
bathen.
28. Oktober
F. SS. Simon. ? Judae app. Um 6 Uhr
lass P. Michael die Frühmesse. Nach derselben liess ich eine Bethstunde samt
der 2. Messe auf 8 Uhr verkündigen. Diese hielt ich dann, bey einer ansehnlich
Zahl der Pfarrkinder. Ich gab den stillen Segen, mit dem SSmo in der Burse,
welch man zum providieren nimmt. Setzte das SSmo aus: hielt darauf an die
Anwesenden eine Anrede, worin ich sie zuerst erinnerte, Gott itzt dank zu
sagen, für die itztmalige erste Befreyung von unsern Feinden. 2. da wir nicht
wüßten, was uns noch bevorstünde, und für itzt der Krieg nicht weniger, als für
geendigt anzusehen wäre, so solten wir uns auch in dieser Bethstunde würdig mit
reumütigen Herzen den göttlichen Anordnungen gänzlich übergeben und anschein
stellen. Endlich sollen wir uns auch bestreben, in dieser Stunde auch christl
Liebe für diejenigen zu Gott um Geduld, Stärke und gänzl. Ergebung in göttl.
Willen zu bitten, die nach uns die Drangsalen der Krieges unter d. Last eines feindl. Volkes ertragen
müssen. Auf diese Anrede folgte ddas Vorbereitungsgebeth, welches ich vorlas,
darauf bath das Volk den Psalter, unter diesem las ich stille die heil. Messe.
Nach derselben Ende las ich eine Litanei samt Gebethen vor, von dem öffentl Drangsalen
und beschloss diese Bethstunde mit dem stillen Segen.
29. Oktober
An diesem Tage war alles ruhig.
In der Frühe ist der gestiftete ruppische Jahrtag gehalten worden. Nach
gehaltenem Gottesdienst ist mir die Anzeige gemacht worden, daß in der vergangenen
Nacht ein Piquet von 30 - 40 blankenstainischen Husaren in hiesigem Orte bey
einigen Häusern, namentlich beym Schmiedt (König) angehalten u. nachfrage wegen
den etwa anwesenden Franzosen gemacht habe. Darauf wären diese Husaren mit
ihrem Offizier nach Oberkirchberg geritten, welches sich nachmals wahr befunden
hat. Dieser Anlass bewog mich, nach Ulm zu schicken u. meine dort aufbewahrten
2 Pferde wo möglich abholen zu lassen, weil auf den Fall, das Kaiserliche hier
in die Gegend einrücken würden, die in Ulm befindl. Franzosen oder Baiern
sicher ihre Piqueter ausstellen würden, wo sodann es nimmer seyn könnte, das
ich meine Pferde zurückbekommen solte. Diese waren nur in dem von Renzischen
Hause gerade won der Frau Kanzlerin von Oberelchingen u. ihrem Herren Gemahls
von Weinigen baierischen Oberlandskommisairs in Schwaben aufbewahrt. Ohne
einige List, nemlich man führte den Dung mit denselben in Garten hinaus, würde
ich vielleicht dieser Pferde nicht wieder habhafft worden seyn. Sie kamen aber,
Propitio et volvente benedictio. Die Kosten der Verplegung der Pferde u. was
der mit gegebene Knecht, Joseph Schmied, für sich verbraucht hat, können etwas
zu 2 Louis d'ors ausmachen. Noch glücklich genug!!
30. Oktober
Eine Taufe v. Oberkirchberg, Eleonora
Beckelerin. Um 7 Uhr gewöhnlicher Gottesdienst, und der gestiftete Jahrtag für
Barbara Kreuterin, geweste Radwirtin von hier. Ein Ruf, das heute noch 5000
Kaiserl. hier und in d. Gegend sollen einquartiert werden. Um Mittag fängt es
an zu schneien mit untermischtem Regen. In der Kirche war heut die repparierte
Kanzel über dem Josephsaltar aufgerichtet.